Widerrufsrecht auch bei Darlehensprolongations- bzw. Anschlusszinsvereinbarung per Post

Darlehensverträge zum Neubau oder Erwerb einer Immobilie weisen überwiegend einen festen Zinssatz für 5, 10 oder 15 Jahre auf. Zurückgezahlt werden diese Darlehen in der Regel in monatlichen Raten von 1% bis 3% der ursprünglichen Darlehenssumme zuzüglich ersparter Zinsen. Da am Ende der vereinbarten Festzinszeit das Darlehen noch zum überwiegenden Teil nicht zurückgezahlt wurde, wird hierüber mit einer sog. "Anschlusszinsvereinbarung" oder "Prolongationsvereinbarung" ein neuer Zinssatz vereinbart - in der Vergangenheit lag dieser oft über 3% oder 4%. Aber nicht nur der Darlehensvertrag selbst, auch diese Vereinbarung kann unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen werden, sodass eine Finanzierung zu aktuellen Konditionen möglich wird.

 

 Vor der Überlegung, ob ein Widerruf möglich ist, steht aber die Frage nach dem Ergebnis. In der Regel ist dieses positiv: Die Zinsen sind in den vergangenen Jahren gesunken. Wird die Anschlusszinsvereinbarung durch Widerruf zum jetzigen Zeitpunkt beendet, kann der Darlehensvertrag zu aktuellen Marktkonditionen neu finanziert werden. Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist nicht zu zahlen und für den Zeitraum seit Abschluss der Anschlusszinsvereinbarung ist oft ein günstigerer Zinssatz zugrunde zu legen, sodass die Bank auch einen Teil der Zinsen zurückzahlt.

 

Eine Anschlusszinsvereinbarung kann aber nicht nach den für den Darlehensvertrag geltenden Regeln widerrufen werden. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine solche Vereinbarung selbst kein Darlehensvertrag ist. Mit dieser Vereinbarung wird nur der Zinssatz neu bestimmt, kein neues Darlehen vergeben. Ein Widerruf nach den für den Darlehensvertrag geltenden Vorschriften der §§ 495, 355 BGB ist nicht möglich (BGH, Urteil vom 28.05.2013, Az. XI ZR 6/12).

 

Das bedeutet aber auch: Ist die Anschlusszinsvereinbarung kein Darlehensvertrag, dann gelten für den Widerruf die allgemeinen Regeln des BGB. Und hier gilt dann auch die Vorschrift, dass es bei einem Fernabsatzgeschäft ein besonderes Widerrufsrecht gibt, über das die Bank belehren muss. So war es auch in dem Fall, den das Landgericht Nürnberg-Fürth zu entscheiden hatte: Die Bank sandte dem Kläger per Post ein Angebot über die Anschlusszinsvereinbarung zu. Der Kläger nahm das Angebot ebenfalls per Brief an. Die Bank belehrte über das Widerrufsrecht nicht und der Kläger erklärte einige Jahre später den Widerruf.  Das Gericht entschied, dass die Anschlusszinsvereinbarung immer noch widerruflich war (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.12.2014, Az. 6 O 3699/14).

 

Selbst dann, wenn Kläger und Bank noch telefonisch oder per E-Mail über die Zinsen verhandelt hätten, macht das keinen Unterschied. Erst dann, wenn die Parteien sich "zusammen an einen Tisch" gesetzt hätten, also nicht mehr nur mit Fernkommunikationsmitteln korrespondiert hätten, bestünde kein Widerrufsrecht.

 

Erstaunlicherweise ist das offenbar kein Einzelfall. Eine Vielzahl von Anschlusszinsvereinbarungen ist anscheinend per Post zustande gekommen, ohne dass der Kunde eine Belehrung erhalten hat. In diesen Fällen wird wohl immer noch ein Widerrufsrecht bestehen. ST LEGAL SERVICES bietet Verbrauchern auch hier mögliche Vorteile im Widerrufsfall zu berechnen. Schreiben Sie uns, wenn Sie einen ähnlichen Fall haben - hier, per Mail an kontakt@st-legal.de oder per Fax an 062576479975.